Interview: Andre Schnabel und Rolf Meyer mit der Computerzeitung
Oktober 2003
Herr Graser von der Computerzeitung:
Als Redakteur der Computer Zeitung bearbeite ich unter anderem die Themen
Softwareentwicklung und Office-Software.Vor allem im Hinblick auf letzteres
Thema verspricht der Herbst 2003 ja ganz spannend zu werden, da neben dem auf
OpenOffice.org basierenden StarOffice 7 auch Microsoft sein Office 2003
vorstellen wird.Nach Informationen von US-Branchendiensten will Microsoft ja in
das OfficeSystem 2003 Digital-Rights-Management-Policies
(DRM) implementieren. Anwender haben demnach die Möglichkeit, Rechte
festzulegen, wer auf einbestimmtes Dokument zugreifen darf und wer nicht. Vor
diesem Hintergrundmöchte ich Ihnen gern folgende Fragen
stellen:
Frage 1: Vereinzelt wurde spekuliert, dass Microsoft dieses
Fetaure dazu nutzt, um nicht nur unberechtigte Benutzer, sondern auch
konkurrierende Softwareprodukte (also OpenOffice.org und StarOffice)
auszusperren; selbst nominell zugriffsberechtigte Kollegen können demnach nur
auf entsprechend gesicherte Dokumente zugreifen, wenn sie über die entsprechende
Office-Version verfügen. Glauben Sie, dass dieser Aspekt von Office 2003 die
Akzeptanz von StarOffice/OpenOffice.org schmälern kann?
Andre: Es ist bisher immer die Firmenpolitik von Microsoft gewesen, Kunden
möglichst eng an die hauseigene Produktpalette zu binden. Microsoft
nutzt neue Technologien und Features sehr geschickt, um die einzigartige
Marktposition zu festigen und zu erweitern.
Gleiches geschieht mit den DRM-Technologien im neuen Office-Paket.
Optimal einsetzen lassen sich diese (sicher wertvollen Features) erst im
Zusammenspiel von Mircosoft Office. Microsoft SharePoint und Microsoft
SQL-Server auf Microsoft Windows Server 2003. Microsoft wird sicher
ermöglichen, einzelne Komponenten gegen Produkte anderer Hersteller
auszutauschen und entsprechende Schnittstellen teilweise offenlegen. Wie
die Erfahrungen aus dem in den USA geführten Prozess gegen Microsoft
zeigt, erfolgt das aber nichteinmal dann in befriedigendem Umfang, wenn
die Firma unter richterlicher Beobachtung steht.
Aus meiner Sicht wird die Einführung von DRM in Microsoft Office die
Akzeptanz von SO / OOo nicht schmälern, da diese Produkte für offene
Schnittstellen und Dateiformate stehen und immer mehr Anwender diesen
Nutzen für sich erkennen.
Frage 2: Gibt es Pläne, auch in OpenOffice.org/StarOffice Digital-Rights-Management-Policies einzubauen?
Andre: Es gib zumindest Pläne, dem Anspruch der Anwender
nach sicheren Dokumenten (sowohl im Sinne validierbar, also Schutz gegen unerlaubte
Änderung, als auch verschlüsselbar, also Schutz vor unberechtigtem
lesen) nachzukommen. Ob das bis zu einem kompletten DRM hin ausgebaut
wird, kann ich nicht sagen. Die technischen Details sind im Konzept für
OOo 2.0 noch nicht ausformuliert, da die Entwickler noch auf die
Etablierung entsprechender offener Standards (Verschlüsselung,
Zertifizierung innerhalb XML) warten.
Das offene Dateiformat und die komplett dokumentierte API von
OpenOffice.org erlaubt es aber auch, unabhängigen Entwicklern eine
DRM-Umgebung mit OOo zu implementieren. Ansatzweise wird das z.B. in
Verbindung mit TAMINO verwirklicht:
http://www.softwareag.com/germany/news/pr_releases/03_03/staroffice.htm
Frage 3: Beobachten Sie die Bestrebungen von Microsoft, mit DRM
und Palladium das Feld des Trusted Computing zu besetzen, mit gemischten Gefühlen?
Sehen Sie die Möglichkeit, dass Microsoft dadurch noch mächtiger werden könnte?
Andre: Ich denke, jeder beobachtet die Aktionen von Microsoft mit gemischten
Gefühlen, der sich im gleichen Markt wie Microsoft bewegt. Microsoft
versteht es auf excellente Art und Weise seine Marktposition auszunutzen
und eine Monopolstellung in einem Teilmarkt für die Eroberung anderer
Teilmärkte auszunutzen.
Im Endeffekt wird aber der Kunde bzw. Anwender darüber entscheiden, ob
Microsoft seine vorherrschende Stellung weiter ausbauen kann. Es gilt,
die Vorteile einer One-Vendor-Strategie gegen die Gefahren einer totalen
Bindung abzuwägen.
Ich sehe als Aufgabe unseres Projektes, den Anwendern zu zeigen, dass es
Alternativen zu Microsoft gibt und es sich absolut lohnt, zu prüfen, ob
diese Alternativen die eigenen Bedürfnisse abdecken.
Rolf: Ich für meinen Teil verwende keine Microsoft-Produkte. Auf meinem Rechner habe ich Linux installiert. Alle meine Aufgaben kann ich damit erledigen. Und ich kann das beste Büroprogramm nutzen: OpenOffice.org.
Die Produktpolitik von Microsoft ist ein Grund für die Verwendung von
Alternativen. Die sehr gute Software, die im Bereich der freien Software zu
finden ist, ist der aber Hauptgrund. Open-Source Produkte besitzen die
Sicherheit und Qualität, die ich erwarte.
Alle, die mit Bürosoftware zu tun haben: Anwender, Entwickler, Softwarefirmen,
laden wir ein, am Projekt OpenOffice.org teilzunehmen. Wir schließen
niemanden aus, am großen Erfolg von OpenOffice.org mitzuwirken - auch große
und sehr große Firmen nicht.
In der Computerzeitung Nr. 45 vom 3. November 2003 ist der Artikel erschienen:
"Ungleiches Desktop-Duell geht in neue Runde". Aus dem obigen Interview wird zitiert:
"Wie die Erfahung aus dem Monopolprozess in den USA zeigt, erfolgt das aber nicht
einmal dann in befriedigendem Umfang, wenn die Firma unter Beobachtung steht."
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